Großartige kulinarische Überraschungen durften Genießer von der Berliner Küche bis ins ausgehende 19. Jahrhundert nicht erwarten. Denn wichtiger als feine geschmackliche Nuancen war, dass die deftigen Gerichte richtig satt machten. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Berliner Küche nicht seit jeher offen für Einflüsse von außen war. Denn zwar bildete die brandenburgische Küche die Basis für die Berliner Küche. Jedoch brachten auch Einwanderer aus Pommern, Böhmen, Schlesien, Ostpreußen, Mecklenburg und die französischen Hugenotten ihre kulinarischen Gewohnheiten mit nach Berlin.
Diese Einflüsse wurden in der preußisch-protestantischen Küche sehr oft dadurch integriert, dass die Kochtraditionen vereinfacht waren. Denn raffiniertes Würzen der Gerichte kennt die Berliner Küche ebenso wenig wie aufwendige Formen der Zubereitung. Zu den typischen Zutaten der Berliner Küche zählen neben Schweinefleisch, Fisch und Gans auch Hülsenfrüchte, Kohl, Kartoffeln, Gurken und Rüben.
Seit jeher galt Berlin als wichtige Durchgangsstation für Menschen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland, obgleich die Stadt erst ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts zu einer bedeutenden Größe heranwuchs. Geprägt wurde die Berliner Küche in jener Zeit von den Hugenotten aus Frankreich, die hier eine neue Heimat fanden. Mit im Gepäck hatten sie Zutaten, welche in Brandenburg bis dahin unbekannt waren. Dazu gehörten Gurken, Blattsalat, Bohnen, grüne Erbsen, Spargel und Blumenkohl. Dies bereicherte auch die Landwirtschaft rund um Berlin, die bis dahin vom Anbau von Rüben und Kohl geprägt war.
Dass in Preußen auch Kartoffeln angebaut wurden, ist Friedrich II. zu verdanken, der um 1750 den sogenannten Kartoffelbefehl erlassen hatte. Grund für die Verordnung, Kartoffeln anzubauen, waren Hungersnöte in der Region. Darüber hinaus wurde auch ein Mindestverbrauch von Salz, welches aus den Salinen in Preußen gewonnen wurde, erlassen. Das führte dazu, dass Rollmops und Salzgurke schon bald die Berliner Küche bereicherten.
Was viele nicht wissen: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte Berlin mit rund 1.000 Brauereien zu den weltweit führenden Brauerei-Standorten. Die Bedeutung Berlins für die Landwirtschaft wurde dadurch unterstrichen, dass 1926 erstmals die Grüne Woche, eine Messe für landwirtschaftliche Erzeugnisse, in Berlin stattfand, die mittlerweile als Deutschlands wichtigste Messe für Ernährungswirtschaft gilt.
Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich schließlich die Koch- und Ernährungsgewohnheiten in Berlin geändert. Das lag zum einen an der Einwanderung von Gastarbeitern, aber auch am Massentourismus und der zunehmenden Industrialisierung in der Ernährungswirtschaft. Ab den 1960er Jahren schwächten sich auch die regionaltypischen kulinarischen Besonderheiten zunehmend ab. Der Grund dafür lag im vereinheitlichten Angebot in den Supermärkten. Lediglich Berlin stellte hier eine Ausnahme dar, weil die Stadt durch die wirtschaftliche und politische Teilung von verschiedenen Richtungen her beeinflusst wurde.
Einem größeren Kreis an Genießern wurde die Berliner Küche unter anderem durch die Serie „Drei Damen vom Grill“ bekannt. Hier wurden ab 1976 Geschichten aus und rund um einen Berliner Imbiss erzählt. Ab den 1990er Jahren lässt sich eine Internationalisierung der Küche feststellen, zudem wird die Berliner Küche auch von vegetarischen Essgewohnheiten beeinflusst.
Zu den traditionellen Gerichten aus der Berliner Küche zählen neben Gänsebraten mit Klößen und Grünkohl auch Rinderbrust mit Meerrettich, Eisbein mit Sauerkraut und Erbspüree, gebratene Leber mit Stampfkartoffeln, Zwiebeln und Äpfeln, sowie Kasseler mit Sauerkraut. Zu den typischen kleineren Gerichten gehören Königsberger Klopse, die mit Stampfkartoffeln und Kapern serviert werden, Blut- und Leberwurst mit Kartoffelbrei, Kartoffeln mit Speckstippe, Hackepeter aus Schweinefleisch mit Petersilie und Zwiebeln, Eierkuchen, Kartoffelpuffer mit Apfelmus und Buletten, die traditionell mit Kartoffelsalat gegessen werden.
Fische wie Aal, Barsch, Hecht, Schleie, Karpfen, Zander und Plötzen werden sowohl in den umliegenden Gewässern als auch in der Havel gefischt. Aber auch der Meeresfisch Hering, der in verschiedensten Variationen gereicht wird, erfreut sich größter Beliebtheit. So manches Gericht, das heute als typisches Berliner Gericht gilt, muss übrigens nicht zwangsläufig in Berlin erfunden worden sein, sondern wurde von Zuwanderern in die Stadt gebracht.
Gänsebraten mit gekochten Kartoffelklößen und Grünkohl
Kasseler mit Sauerkraut
Gepökeltes Eisbein mit Erbspüree
Leber Berliner Art mit Stampfkartoffeln, Zwiebeln und Äpfeln
Zwiebelfleisch (Bollenfleisch)
Frikassee „Berliner Art“
Gebackener Schweinebauch
Berliner Schnitzel
Schnitzel Holstein
Rindfleisch „Berliner Art“
Buletten
Königsberger Klopse
Gefüllte Schmorgurken mit einer Füllung aus Hackfleisch
Hackbraten („Falscher Hase“)
Sülze und Sülzkotelett mit Bratkartoffeln und Remoulade
Kohlrouladen
Bockwurst
Blut- und Leberwurst, serviert mit Stampfkartoffeln
Schweinsbratwurst in Biersauce („Stolzer Heinrich“)
Brathering
Bismarckhering
Rollmops
Havel-Zander
Hecht, serviert mit Butterkartoffeln
„Karpfen polnisch“
Al grün mit Gurkensalat und Salzkartoffeln
Sol-Eier
Süßsaure Eier
Mostrich-Eier mit Stampf- oder Salzkartoffeln
Bauernfrühstück
„Hoppelpoppel“ (mit Eiern, Bratenresten, Salzkartoffeln und Sahne)
Bratkartoffeln
Pellkartoffeln
Kartoffelpuffer
Salzkartoffeln
Sauerkohl
Schmorgurken
Teltower Rübchen
Kartoffelsuppe mit Bockwurst
Linseneintopf
Erbsensuppe mit Bockwurst
Löffelerbsen
Bohnensuppe mit Hammelfleisch
Saure Gurken
Heringssalat
Gurkensalat
Kürbis süßsauer
Rote Grütze
Kompott
Mohnpielen
„Berliner Luft“ (eine Weinschaumcreme, die mit Himbeersoße serviert wird)
Windbeutel, die mit Schlagsahne gefüllt werden, Pfannkuchen und Spritzkuchen gelten als bekannteste Backwaren aus Berlin. Darüber hinaus gibt es verschiedene Sorten an Brötchen und Broten, die sich sowohl hinsichtlich ihrer Form als auch der verwendeten Zutaten voneinander unterscheiden.
Da Berlin ein Brauereistandort mit langer Tradition ist, darf Bier auf der Getränkekarte nicht fehlen. Dabei ist das Pils die beliebteste Biersorte in der Bundeshauptstadt. Bis weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist außerdem die Berliner Weiße, ein Weißbier, das nur während des Sommers gebraut und mit einem Schuss Himbeer- oder Waldmeistersirup serviert wird. Großer Beliebtheit erfreuen sich aber auch die Fassbrause (Apfelsprudel) und der Spreequell, ein Mineralwasser.